„Da musst du gar nicht hinhören“, ist so ein Spruch, den die junge Friesländerin G. seit der Grundschule immer wieder zu hören bekommen hat. Wenn Mitschüler sie als „Neger“ bezeichneten oder sie auffordern, das Deutschland, in dem sie geboren ist, zu verlassen. Irgendwann hat sie tatsächlich nicht mehr hingehört. „Der Rassismus hat damit nicht aufgehört“, erzählt die 17-Jährige beim ersten BarCamp im September 2021 an einem der Thementische. Einige Lokalpolitiker*innen hören ihr zu, stehen ratlos vor der Frage, wie sie helfen können.
Sham möchte jetzt Antworten geben und sie möchte allen Menschen „zeigen, wie es wirklich ist“. Als stellvertretende Vorsitzende des Jugendparlaments in Zetel organisiert sie im Mehrgenerationenhaus eine ganze Veranstaltungsreihe zum Thema Diversität. Los geht’s am Freitag, 25. Februar, 17 Uhr, im Zeli-Kino im Mehrgenerationenhaus in Zetel mit dem ersten von vier kostenlosen Kinoabenden mit anschließender Diskussionsrunde im Kaffeehaus nebenan.
„Woher kommst du?“ heißt: Du gehörst nicht nach Deutschland
Unterstützt durch das Forschungsprojekt „Jul@ – Jugend leben im ländlichen Raum“ und das Jugendhaus Steps zeigt der Kinoverein den Spielfilm „Green Book“: Für seine Tournee durch die Südstaaten engagiert der afroamerikanische Starpianist Dr. Don Shirley den weißen Nachtklub-Türsteher Tony Vallelonga, der selbst voller rassistischer Vorurteile steckt, als Chauffeur. Auf ganz unterschiedliche Weise erleben die beiden im Jahr 1962 ein Amerika der Rassentrennung.
Sham hat den Film gewählt, um mit Jung und Alt ins Gespräch zu kommen, darüber, was es mit ihr macht, wenn man sie fragt: Woher kommst du? Und darüber, was es bedeutet, ständig unterschätzt zu werden.
Das Recht auf freie Berufswahl gilt für alle
Weiter geht es am 25. März mit „Verstehen Sie die Béliers“, einem Film über eine junge Frau, die als Tochter von taubstummen Eltern eine Gesangskarriere macht. Für die anschließende Diskussion über die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung haben Expert*innen vom Fachdienst „Vielfalt leben“ der GPS ihre Teilnahme zugesagt, die sich darum kümmern, Menschen trotz Einschränkungen ein Berufsleben außerhalb beschützender Werkstätten zu ermöglichen. Menschen, wie die 19-jährige Lea, die sich ihren Lebenstraum als Kindergärtnerin erfüllt hat und ebenfalls am Diskussionsabend teilnehmen möchte.
Männlich, weiblich, divers – normal ist nicht zweidimensional
Für das Thema Genderdiversität am 29. April hat die Schortenserin Lucie Veith in ihrer in ihrer Funktion als Beraterin im Verein Intergeschlechtliche Menschen auf Bundes- und Landesebene, sowie als Projektkoordinierende für Inter-Fragen im Kompetenznetzwerk „selbst.verständlich.Vielfalt“, einem Projekt von „Demokratie Leben, dem Jugendparlament einen besonderen Kontakt vermittelt: Regisseur Gregor Zootzky aus Köln zeigt seinen Zeichentrickfilm „Hermes & Aphrodite“, der die Reaktionen von Eltern, Gleichaltrigen und Mediziner*innen auf seine intergeschlechtliche Heldin thematisiert. In der anschließenden Diskussion, die Radio Jade ab 18 Uhr auch live auf UKW 87,8 überträgt, berichtet Zootzky von der Herausforderung, ein derart sensibles Thema nach außen zu kommunizieren. Eingeladen sind außerdem Jugendgruppen und Interessensvertretungen für Lesben, Schwule, Bi- und Trans*personen.
Den Abschluss der Diskussionsreihe bildet am 20. Mai das Thema Sexismus. Mit dem Film „Bombshell – Das Ende des Schweigens“ über den Fall Weinstein und Diskussionsbeiträgen der Hamburger Feministinnengruppe „pinkstinks“ wollen die Veranstalter über die Gleichberechtigung der Geschlechter auf der Welt, in Friesland und in Zetel sprechen.
Unter dem Motto „Vielfalt feiern“ beginnen die Filmvorführungen immer um 17 Uhr im Kino. Direkt im Anschluss geht es nebenan im Kaffeehaus mit der Diskussionsrunde weiter. Für alle, die lieber anonym teilnehmen oder sich aus der Ferne zuschalten möchten, überträgt Jul@ die Diskussionsrunden jeweils ab 18 Uhr auf den Streamingaccounts von Radio Jade.
Ein ganzes Wochenende Argumentationstraining mit dem IBIS
Direkt im Anschluss an den letzten Diskussionsabend ziehen Pädagogin Svenja Joseph vom Steps und Alice Düwel vom Forschungsprojekt Jul@ für ein ganzes Wochenende mit Jugendlichen ins Schullandheim, um dort am Lagerfeuer die Schilderungen der Betroffenen Revue passieren zu lassen. Am folgenden Tag kommen dann Expert*innen vom IBIS (Interkulturelle Arbeitsstelle für Forschung, Dokumentation, Bildung und Beratung) hinzu, die den Jugendlichen in einem Argumentationstraining beibringen, wie sie auf menschenfeindliche Aussagen reagieren können.
3 Projekttage an der IGS Friesland Süd mit großem Finale beim BarCamp
Die IGS Friesland Süd beschäftigt sich in drei Projekttagen vom 8. bis 10. Juni ebenfalls mit dem Thema Diversität. Die Schüler*innen nähern sich diskriminierenden Situationen auf künstlerische und intellektuelle Weise, hören den Schilderungen von Betroffenen zu und setzen Inhalte als Videos und Podcasts um. Ob Theaterstück, Poetry-Slam oder Musik: Beim nächsten StrandBarCamp „PartyZipation“ am 10. Juni am städtischen Strand von Dangast finden alle ihre Bühne. An Thementischen kommen wie im vergangen Jahr Jugendliche aus dem ganzen Kreisgebiet Frieslands in ihrer Vielfalt mit Politiker*innen ins Gespräch. An Infoständen präsentieren sich Jugendgruppen und Initiativen, die ihre Angebote für sichtbar machen und sich unter Gleichgesinnten vernetzen möchten, damit alle gemeinsam mehr erreichen können.